Ingbert Liebing: Rede zu Protokoll 13.11.2014

13.11.2014

Die heutige erste Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Sterbebegleitung ist gut und sinnvoll – ich empfinde es auch persönlich als gut, heute einmal die unterschiedlichsten Argumente hören und nachvollziehen zu können. Ich gestehe offen: Meine Meinungsbildung habe ich noch nicht abgeschlossen. Schließlich ist es keine leichte Frage über die wir sprechen und entscheiden müssen, wenn es um das Ende des Lebens, um den Tod geht.

Es ist ein Thema, was viele Menschen zutiefst umtreibt. Dabei haben viele Menschen vor allem Angst vor einem qualvollen Tod. Die Würde des Menschen muss auch für den Tod gelten. Ein Sterben in Würde ist ein wichtiges Anliegen für viele Menschen, dem wir Rechnung tragen müssen.

Aber wie? Wo beginnt, wo endet die staatliche Verantwortung, hier einzugreifen?

Darüber müssen wir sprechen und am Ende entscheiden, jeder nach seinem Gewissen.

Meine persönliche Meinungsfindung orientiert sich dabei an zwei Leitplanken:

1.Das Leben steht nicht in der Verfügungsgewalt von uns Menschen. Das Leben ist uns von Gott gegeben. In dieser Verantwortung vor Gott handeln wir, handle ich persönlich auch in meiner christlichen Verantwortung.

Dies ist für mich die eine Seite der Diskussion über Sterbebegleitung, über Sterbehilfe, über den Übergang vom Leben in den Tod.

2.Auf der anderen Seite steht der Wunsch, sicherlich auch das Recht eines jeden Menschen, selbstbestimmt sein Leben zu führen – und es gegebenenfalls auch zu beenden. Die Zeiten sind vorbei, in denen die Selbsttötung ein christliches Begräbnis ausschloss. Der Freitod ist nicht verboten.

Die Frage nach dem richtigen Umgang mit dem Sterben ist keine leichte Frage. Die heutige Debatte zeigt dies. Jeder Standpunkt hat seine Berechtigung, seine individuelle ethische Begründung. Hier gibt es kein Richtig, hier gibt es kein Falsch: Hier gibt es nur sehr persönliche Auffassungen, die oft genug auch geprägt sind von persönlichem Erleben. Ich denke an die letzten Stunden meines Vaters, als ich an seiner Seite war – es war gut, dass er im Kreise seiner Familie aus dem Leben scheiden konnte.

Nun erleben wir aber auch eine ganze Reihe von Organisationen, gewerblicher oder halbgewerblicher Art, die Menschen beim Übergang vom Leben in den Tod unterstützen. Für mich ist eines klar: Gewerbliche oder organisierte Sterbehilfe ist nicht akzeptabel. Auf keinen Fall darf es ein Geschäft mit dem Tod geben.

Wenn ich Eingangs davon gesprochen habe, dass viele Menschen beim Thema Sterbebegleitung vor allem von der Angst getrieben werden, dass ihr Sterben mit Qual und Leid verbunden sei, so ist dies der Auftrag für uns, in erster Linie Palliativmedizin und Hospizarbeit zu unterstützen. Ich habe vor wenigen Jahren den Aufbau eines Hospizes in meinem Wahlkreis als Mitglied im Förderverein unterstützt und tue dies weiter. Schmerz und Leid zu lindern, Qual zu verhindern und stattdessen menschliche Nähe im Sterben sicher zu stellen – das ist für mich die erste und wichtigste Aufgabe echter Sterbebegleitung.

Und dennoch mag es die Fälle geben, in denen auch dies alles nicht ausreicht, um Menschen Angst und Qual zu nehmen. Allen Beteiligten, den Sterbenden wie den Angehörigen und den Ärzten, dabei Sicherheit und Gewissheit verantwortungsbewussten und rechtssicheren Handelns zu geben, das ist unsere Aufgabe in der jetzt anstehenden Diskussion.